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Lesung: Zuhörer mit DDR-Anekdoten erfreut
Elke Ferner las aus ihren Büchern im Lübzer Mehrgenerationenhaus. Ihr großer Wunsch ist, einmal eine Schule besuchen zu können.
Wer Elke Ferner zuhört, wenn sie ihre mittlerweile in mehreren Büchern erschienenen „Anekdoten aus der DDR“ vorliest oder einfach über Erlebnisse/Kenntnisse aus der Zeit vor 1989 berichtet, erlebt ein Wechselbad der Gefühle. Sie reizen einerseits zum Lachen und lassen in der nächsten Minute sehr ernst werden. Zu erleben war dies bei der zweiten Veranstaltung im Rahmen des erst jüngst ins Leben gerufenen Projektes „Der karierte Sessel“ im Lübzer Mehrgenerationenhaus, wo die Güritzerin genau dies tat. Ob von Grenzsoldaten stundenlang verhörte, aus Bulgarien kommende Trabantfahrer, auf Rezept verschriebene Bananen, unfreundliche Verkäuferinnen, die ihre „komfortable Stellung“ nutzten, was den Mangel an Konsumgütern verkörperte oder der ökonomische Zusammenbruch, der letztlich immer sichtbarer geworden sei: „Manchmal war es schon ein bisschen verrückt und vieles konnte einfach nicht funktionieren. Ich möchte deutlich machen, dass es nicht nur die SED, die Stasi und die eiserne Grenze gab, aber eben auch.“ Die Lesungen sollten Brücken bauen. Dafür müsse jedoch die Bereitschaft vorliegen, zuzuhören.
Elke Ferner hat drei Ausbildungen absolviert. Nach dem Studium zur Heimerzieherin wurde sie Wirtschaftskauffrau für Groß- und Einzelhandel und bildete sich letztlich noch für den gehobenen Verwaltungsdienst fort. Außerdem zeigte sie als Bürgermeisterin der Gemeinde Eldena auch kommunalpolitisches Interesse. Persönlich war die dreifache Mutter von den Beschreibungen des einstigen Alltags alles andere als ausgenommen. So wagte sie es zum Beispiel, während ihrer Studienzeit zu trampen und an der Transitstrecke in ein westdeutsches Auto einzusteigen. „In Ludwigslust wurde der Wagen angehalten und ich stundenlang verhört“, berichtet die heute 62-Jährige. „Ich hatte Angst, dass mein Studium beendet ist und flehte die Polizei an, dies nicht zu veranlassen.“ Die Ausbildung durfte weiterlaufen, aber fortan kümmerten sich andere um diese unsichere Person: „In meiner Stasi-Akte konnte ich dann nachlesen, an welchem Tag was geschah – hätte ich nicht mehr gewusst.“
Elke Ferner betreibt nicht nur Heimat-, sondern auch Ahnenforschung und lebt noch auf dem Hof, den ihre Vorfahren vor 200 Jahren ersteigert haben. Sie ist nicht vergrämt, sondern sucht das Gespräch, möchte ihren Fundus an Kenntnissen erhalten und würde sich eigenen Worten zufolge besonders darüber freuen, einmal mit Schülern ins Gespräch zu kommen.
Autor: Ilja Baatz Quelle:Prignitzer.de